Man kennt es von Computerprogrammen - heutzutage Apps genannt - zu Genüge: Das Produkt ist noch nicht fertig und müsste eigentlich in allen Funktionen auf Herz und Nieren geprüft werden, dennoch wird es schon in Umlauf gebracht; denn was kann Besseres passieren: Eine willige Schar von Anwendern, die das Programm lieber früher als später in den Händen hält und so fehlenden Tests durchführt. Teils bewusst und für den Anwender kostenfrei - meist jedoch als fertiges Produkt getarnt, das teuer bezahlt werden muss, aber noch unzählige Bugs enthält. So etwas nennt man Betatest, und auch ich habe am Samstag zu so einem Test geladen.
Wie kam es überhaupt dazu? Wie vermutlich jedem enthusiastischen Discgolfer kommen auch mir bei der Betrachtung von Landschaft und Natur immer wieder die Gedanken "Das wäre aber eine schöne Bahn", "Wie könnte man hier einen Kurs installieren?" oder wie im letzten Jahr bei einem Besuch der Kurses in Altenau: "Wie könnte man hier ein Turnier ausrichten?". Meiner Kenntnis nach wurde dort noch kein offizielles Turnier veranstaltet, und so überlegte ich mit Hilfe von Google Maps und Vor-Ort-Begehungen, wie man da ein paar schöne Bahnen extra legen könnte.
Nach dieser ersten theoretischen Planungsphase kam es zur nächsten Frage: Wen muss man fragen, ob man auf dem Kurs in Altenau ein offizielles GT-Turnier ausrichten darf? Der Harz ist ja naturschutzrechtlich besonders geschützt, und innerlich zweifelte ich bereits bei meinen ersten Überlegungen, ob diese Hürde überhaupt genommen werden kann - aber Fragen kostet ja nichts. Ich forschte nach, wer den Kurs in Altenau damals geplant und gebaut hat, und so kam ich auf den Namen Joscha Mahlke. Nach ein paar Mailwechseln trafen wir uns erst beim Pineapple-Turnier in Wolfenbüttel und später ein paar Mal vor Ort im Harz. Joscha, der während seines Studiums in Bremen mit der Lizotte-Gang auf den Plätzen unterwegs war, ist in Altenau perfekt vernetzt, und so gestaltet sich die Kommunikation zur Altenauer Kurbetriebsgesellschaft reibungslos.
Positiv überrascht wurde ich, als Joscha mir mitteilte, dass die Kurbetriebsgesellschaft so ein Turnier lieber heute als morgen ausrichten möchte und sich regelrecht freut, dass sie einen Ausrichter für ein Discgolf-Turnier gewinnen kann. Allgemein fördern sie mit großen Engagement derartige Veranstaltungen, die den Ort beleben und Besucher anzieht. So was kennt man gar nicht, dass man behördliche Hürden im Sprint überspringt.
Ein nicht unerhebliches Hindernis tat sich dann aber doch noch auf: Die Wiesen auf dem Gelände des Discgolf-Kurses, die in den Turnierplanungen eine erhebliche Rolle spielen, unterstehen der Naturschutzbehörde in Goslar und so galt es, sich von dort grünes Licht zu holen, dass man für das Turnier diese Wiesen betreten darf. Joscha hatte bei der Installation des festen Kurses die Auflage bekommen, dass die Wiesen nicht betreten werden dürfen, denn diese sind während der Sommermonate potenzielle Brutstätten. Er sagte mir aber, dass es eigentlich kein Problem sei, solange das Gras im Frühjahr noch nicht hoch gewachsen sei, oder wenn das Gras im Herbst gemäht wurde. Somit war schonmal klar, dass das Turnier nur im Frühling oder Herbst stattfinden kann.
Nach einer kurzen Wartezeit von drei Monaten dann die ersehnte Nachricht aus Goslar: "Die Veranstaltung ist an diesem Ort genehmigungsfähig". Selten hat mir solch ein trockener Satz so viel Freude bereitet. Diese Nachricht kam vier Tage vor dem Betatest bei mir an, und so konnte ich die freudige Botschaft beim Playersmeeting verkünden.
Insgesamt 16 unerschrockene Scheibenwerfer trafen sich also am Samstag Vormittag auf dem Parkplatz vor der Kristalltherme Altenau, die sogar spontan einen 20€-Wertgutschein sowie einen 5-Stunden-Gutschein im Wert von 20€ für die Sieger des Testturniers bereitstellte und die Nutzung der Toiletten in ihrem Foyer erlaubte. Für beides an dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank! Das ist alles andere als selbstverständlich - aber anscheinend in Altenau schon, denn man fühlt sich dort sehr nett empfangen und spürt die ausgeprägte Gastfreundschaft überall - wer dem Kurs bzw. dem Ort noch keinen Besuch abgestattet hat, dem sei es ans Herz gelegt.
Eine halbe Stunde vor dem Playersmeeting gesellten sich Frau Beimel und Frau Rebentisch von der Kurbetriebsgesellschaft dazu, und wir konnten die Details für das mögliche Turnier im Herbst besprechen. Da stellte sich auch noch mal heraus, welch großes Engagement und Interesse seitens des Ortes dahinter steht. So macht eine Zusammenarbeit richtig Spaß. Sehr vorbildlich.
Nun zum sportlichen: Von den Teilnehmern her hätte man von einem Mannschaftswettbewerb Eulen gegen Tee-Timers ausgehen können, aber wir entschieden uns dann doch zum Einzelwettbewerb und starteten um 11:00 Uhr mit dem Tee Off zur ersten Runde auf die 13 Bahnen. "Auf und ab" hieß das Motto sowohl bei den Scores, als auch auf den Wegen des Kurses. Einzig Folker schien resistent dagegen zu sein und "zerlegte" den Kurs mit einer Bogey freien 5 unter Par Runde - Chapeau. Ich hielt mich ganz TD-like vornehm zurück, ließ anderen den Vortritt im Leading Flight und stellte mich brav im Mittelfeld auf...
Auch wenn eine Runde nur aus 13 Bahnen bestand, war es deutlich zu erkennen, wie froh die Spieler über die geplante Mittagspause waren. Einzig der um Stephan Hertzer erweiterte Damenflight mit Siggi und Tina bekam wohl nicht genug und trudelte mit 30 minütiger Verspätung ein - es könnte aber auch mangelnde Ortskenntnis der Grund gewesen sein. So wurde von drei Mitstreitern gleich mal die Verpflegung in der Therme ausprobiert, und diese schien den Ansprüchen zu genügen. Der Rest hielt sich in der Sonne bei Selbstverpflegung und kühlem Radler schadlos.
Auf zu Runde zwei: Gestärkt, aber mit leicht schweren Beinen wurde der Bereich um die Schwefelquelle erneut mit runden Plastikscheiben beworfen. Folker leistete sich diesmal zwar gleich zu Beginn seinen ersten Bogey des Tages, fing sich aber wieder schnell und sammelte noch drei Birdies ein. Auch Daniel Mohwinkel und Tobias Klann aus der Chase Card fanden an diesem Bogey/Birdie-Verhältnis gefallen und beendeten die Runde ebenfalls mit -2. Da konnte sonst keiner mehr mithalten, und der Rest blieb über Par. Für das Gesamtergebnis bedeutete das, dass Tobi Klann sich noch aufs Treppchen schob und auch Daniel einen Platz gut machen konnte und mit Silber abschloss. An der souveränen Leistung von Folker war aber nicht zu rütteln, und es kam der Verdacht auf, er habe das Gelände in der letzten Zeit ein paar mal öfter bespielt und dadurch leichte Vorteile genossen. Die Gerüchte, das Selbiges auch auf den TD zutreffen sollte, konnten mit seiner mittelmäßigen Leistung nicht erhärtet werden. Die ersten drei Plätze wurden zusätzlich mit einem sicheren Startplatz - einer Wildcard - für das Turnier im Herbst belohnt. Beste Dame im Feld wurde Martina Dunker. Darius Trappe, der sich noch am Vorabend spontan anmeldete, konnte in einem harten Fight bester Junior werden.
Statistisch erstaunlich ist, dass die Signature-Hole-Bahn 1, die von der Weite her für absolut jeden erreichbar ist, dennoch zusammen mit Bahn 3 den höchsten Durchschnittswert mit 3,5 aufweist. Da macht die dort einmalige und schwierig zu bespielende Geländeformation doch einiges aus und lässt das eine oder andere Bogey auf dem Zettel erscheinen.
Alles in allem war es auch Dank des hervorragenden Wetters ein sehr gelungener Beta-Test. Es gibt bis zum Herbst noch an der einen oder anderen Stellschraube etwas zu drehen, aber die grundsätzliche Idee um Umsetzung bis dahin wurde sehr positiv aufgenommen.
Mein besonderer Dank geht an Joscha Mahlke, ohne den das Projekt beileibe nicht so weit fortgeschritten wäre und der durch sein Engagement und seine Kontakte vor Ort die Türen sperrangelweit aufstieß, und natürlich an die Kurbetriebsgesellschaft Altenau, die die Idee eines Turniers begeistert aufnahm und nun einen großen Teil der Organisation übernimmt. Bedanken möchte ich mich auch bei Folker, Dennis, Felix und Tobi Lülf, die mich in den letzten Wochen bzw. Monaten nach Altenau begleiteten, um den Kurs zu besichtigen und die Bahnen zu planen, sowie bei allen mutigen Beta-Testern am Samstag vor Ort, die durch das Probeturnier wertvolles Feedback und Erkenntnisse lieferten, wo an der Umsetzung des Kurses noch nachjustiert werden sollte.
Der erste große Schritt ist getan, und ich lege allen ans Herz, sich den 27.10. im Discgolf-Kalender dick anzustreichen, denn dann werden - wenn alles weiter reibungslos seinen Gang geht - die ersten Harz Open in Altenau in die Geschichte eingehen. Ich freue mich riesig drauf und bin davon überzeugt, dass auch an diesem Tag der Wettergott sein Herz über dem Harz scheinen lässt :D. Ich hoffe, wir sehen uns dort!